Magisches Dreieck: Sind Festpreis und agile Methoden wirklich unvereinbar?

Im Projektmanagement gibt es das magische Dreieck, eine visuelle Darstellung der Größen mit denen man im Projektmanagement jongliert. Vielleicht hilft es uns,...

Written by Patrick Schönfeld · 3 min read >
Glaskugeln lassen Dinge manchmal einfach nur auf dem Kopf stehen - statt Vorhersagen zu ermöglichen

Im Projektmanagement gibt es das magische Dreieck, eine visuelle Darstellung der Größen mit denen man im Projektmanagement jongliert. Auch wenn es wohl von Vielen eher mit klassischem Projektmanagement assoziiert wird, ist es für erfolgreiche Projekte immer von Relevanz und hilft vielleicht eine Frage zu beantworten: Schließen sich agile Methoden und der Festpreis gegenseitig aus?

In einem Verhältnis: Zeit, Kosten und Leistung

Das magische Dreieck im Projektmanagement: Zeit, Kosten und Leistung in Balance.

Das magische Dreieck stellt drei Aspekte einer Projektdurchführung in direkten Bezug zueinander: Zeit, Kosten und Leistung.

Die Kernaussage: Jede Änderung an einer dieser Größen wirkt sich auf die anderen Größen aus.

Die Aufgabe des Projektleiters ist, diese Zielgrößen so optimal wie möglich auszubalancieren, weil jeder Unterstützer eines Projekts (sei es der Auftraggeber mit seiner Bezahlung oder der Auftragnehmer, der mit seinem Team die Arbeitskraft, Wissen und Erfahrung für die Umsetzung bereitstellt) einen möglichst optimalen Return on Investment wünscht.

Woran erkennt man in der Praxis, dass das Modell eine Relevanz hat:

  • Je größer der erwartete Leistungsumfang, desto mehr Zeit muss man dafür veranschlagen.

  • In gewissen Grenzen kann man mit mehr Personal auch mehr in der gleichen Zeit schaffen, aber dann steigen die Kosten.

  • Umso mehr Qualität man vom Ergebnis erwartet, desto mehr Zeit muss man für die Umsetzung veranschlagen. Mehr Zeit kostet mehr Geld (und zwar um Faktoren mehr Geld, wenn man mit Festpreisen rechnet).

Das Dreieck kann zu Fehlschlüssen verleiten

Allerdings kann das magische Dreieck auch zu Fehlschlüssen verleiten: Wenn etwa ein Projekt nach dem Einsatz zusätzlicher Personen schneller oder doch noch pünktlich fertig geworden ist, könnte man die Regel ableiten, dass dem immer so ist. Aber ist das wirklich so?

Kann ich annehmen, dass ein Zimmer schneller gestrichen ist, wenn zwei Personen den Pinsel schwingen? Oder kann es sein, dass der Fertigstellungszeitpunkt stattdessen von der Trockenzeit der Farbe determiniert ist?

Adding manpower to a late software project makes it later. (Brooke’s law)

Wenn ein Projekt früher fertig wird, kann ich wirklich annehmen, dass dies wegen meiner Entscheidung mehr Leute einzusetzen eintrat und nicht etwa unabhängig davon oder vielleicht sogar: trotzdem?

Könnte ja sein, dass Brook’s Gesetz stimmt.

Vielleicht nicht beim Streichen einer Wand, denn ziemlich sicher hätte eine zweite Person dazu geführt, dass die Farbe schneller an die vier Wände gelangt. Nur wäre ich damit wirklich früher zu meinem eigentlichen Ziel – ein paar Bilder an einer frisch gestrichenen Wand aufhängen – gelangt? Und hätte sich der doppelte Aufwand für die Zeitersparnis gelohnt?

In der Realität gibt es wahrscheinlich mehr Projekte als uns lieb ist, die in Wirklichkeit mit mehr Leuten nicht kürzer sondern länger dauern. Genau wie es unvorhersehbare zeitliche Hindernisse gibt, die an einem Schenkel des Dreiecks ziehen und die sorgfältig ausbalancierte Gleichschenkligkeit zunichte machen.

Ein Festpreis puffert Risiken (ein bisschen)

Wenn man ein Festpreis-Projekt beauftragt geschieht Folgendes: Der Auftragnehmer und der Auftraggeber einigen sich auf einen Umfang und einen Zeitrahmen.

Dabei schließen beide gewisse Wetten auf die Zukunft ab: Der Eine wettet, dass der ausgeheckte Plan funktioniert und man sein Zeitversprechen halten und trotzdem einen Gewinn machen kann. Der Andere wettet, dass er aufs richtige Pferd gesetzt hat und dass er die gewünschte Qualität zum gewünschten Zeitpunkt bekommt.

Zum Absichern ihrer Wetten gibt es für den einen den Festpreis und für den Anderen eine (stark) gepufferte Kalkulation.

So wird für den Auftraggeber sichergestellt, dass der Preis über eine gewisse Grenze nicht hinaus geht: eine Kostenexplosion wird vermieden. Den optimalen Preis, also der mit dem höchsten Return für das geringstmögliche Investment, zahlt er damit aber in der Regel nicht.

Wo liegt der Festpreis?

Für den Auftraggeber gibt das Vorgehen nämlich nur dann Sicherheit, wenn er genügend Puffer in den Preis und in die zeitliche Durchführung einplanen kann. Da Glaskugeln zwar ganz nett anzusehen aber nicht wirklich für den Blick in die Zukunft geeignet sind, ist der Auftragnehmer bei seinen Vorhersagen zu Abstrichen in der Genauigkeit gezwungen. Jeden beliebigen Preis verlangen kann er auch nicht – man trifft sich irgendwo zwischen optimalem Preis (plus Gewinnaufschlag) und dem Preis mit der höchsten Sicherheit und dem höchsten Profit für den Auftragnehmer.

Das ist vielleicht in der Mitte, aber wer weiß das schon so genau?

… birgt aber auch Risiken

Wie bei Versicherungen üblich, will man es aber auch gar nicht so genau wissen: Wenn das Haus abbrennt, hofft man einfach, dass sich die Versicherung nicht unter Berufung auf irgendwelche Klauseln aus der Verantwortung stiehlt.

Diese Klauseln gibt es freilich auch bei Festpreis-Projekten und deshalb ist die Versicherung leider all zu häufig mit einem unschönem Tauziehen zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer verbunden, bei dem man sich dann über Formulierungen im Vertrag oder zugrundeliegenden Dokumenten (z.B. Konzept) streitet.

Das Risiko dabei ist, dass es unter Umständen auch einfach im Verborgenen stattfindet. Denn wenn man Zeit und Kosten einhalten will, muss man eben beim Umfang oder der Qualität sparen. Der kritische Pfad kann der Weg durchs Projekt sein, bei dem man Abkürzungen nimmt und es niemand bemerkt.

Hier ein Unittest weniger, dort eine unschöne dafür schnelle Umsetzung – das ist wie ein Maurer, der einen halben Meter für angemessene Toleranz hält. In der IT nennen wir es dann Technische Schulden, während wir über den Bauarbeiter Witze machen, die sich im Kern um dessen angebliche Faulheit drehen.

Dabei ist das nur eine Scope-Veränderung.

Eben dort, wo es der Auftraggeber nicht merkt oder es für diesen nicht zu sehr ins Gewicht fällt.

Ein agiler Festpreis ist im Grunde nichts Anderes: Nur, dass sich Auftraggeber und Auftragnehmer immer wieder gemeinsam auf den Umfang und die akzeptablen Toleranzen einigen. In einem zukünftigen Artikel werde ich etwas näher auf entsprechende Modelle eingehen.

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